Ein Wertpapierkredit ist eine Kreditlinie, die mit den Wertpapieren, die sich im Depot bei der kreditgebenden Bank befinden, besichert ist.
Dabei legt die Bank eine Besicherungsquote fest und stellt dafür einen Kredit auf Abruf zur Verfügung. Diese Quoten sind je nach Bank unterschiedlich und variieren meist auch nach der Wertpapierart. Bei deutschen Standard-Aktien liegt sie meistens bei etwa 50%. Hast Du also ein Depot, das aus DAX-Aktien besteht und einen Depotwert von 10.000 € hat, dann kannst Du einen Wertpapierkredit über 5.000 € bekommen. Sinkt der Depotwert auf 8.000 €, dann beträgt der Kredit automatisch nur noch 4.000 €.
Unterschied zu anderen Krediten
Und das ist auch der größte Unterschied zu einem „normalen“ Kredit: der Kredit richtet sich nicht nach Deiner persönlichen Bonität oder einem Haus, das Du kaufst. Sondern ausschließlich nach dem Depotwert. Stell Dir jetzt vor, es gibt einen Crash und der Depotwert sinkt massiv. Hast Du dann einen Wertpapierkredit in Anspruch genommen und Dein Depotwert reicht dafür nicht mehr als Sicherheit aus, dann bist Du verpflichtet, den Kredit sofort so weit zurückzuführen, dass die Sicherheiten wieder ausreichen. Wenn Du kein Geld für eine sofortige Überweisung auf einem anderen Konto hastt, dann bleibt Dir nichts anderes übrig als Wertpapiere zu verkaufen. Und zwar mitten im Crash und zu Kursen, die Du als viel zu gering erachtest.
Damit sind wir direkt auch schon beim größten Nachteil angelangt.
Konditionen
Daneben gibt es aber noch weitere und die haben mit den Konditionen zu tun:
Ein Wertpapierkredit ist nicht günstig. Noch teurer wird er, wenn man bedenkt, dass man als Privatanleger die Zinsen nicht als Werbungskosten von den Kapitalerträgen abziehen darf. Deshalb kann man nicht rechnen: Kaufe ich mir einfach eine Aktie mit mehr als 3,9% Dividendenrendite, dann finanziert sich ein Wertpapierkredit mit einem Zinssatz von 3,9% schon von selbst. Aufgrund des Steuereffekts müsste die Dividendenrendite vor Steuern bei mehr als 5,3% liegen, damit diese Rechnung aufgeht.
Genauso natürlich für Kursgewinne: Die Kosten des Wertpapierkredits müssen erst mal verdient werden!
Aber welche Vorteile stehen den unbestrittenen Nachteilen denn gegenüber?
Ein Wertpapierkredit ist erst einmal sehr einfach zu erhalten. Man muss eben keine Gehaltsabrechnungen o.ä. bei der Bank einreichen, sondern lediglich ein Formular ausfüllen. Manchmal nicht mal das!
Man erhält dadurch eine zusätzliche Liquidität für den Fall des Falles. Und kann den Kredit jederzeit zurückzahlen. Ohne irgendwelche Fristen oder Ankündigungen. Einfach auf das Konto überweisen und sofort reduziert sich die Inanspruchnahme. Genauso reduzieren Dividendengutschriften sofort den Kredit.
Ein Wertpapierkredit kann z.B. für die abweichende Valuta bei Aktienkäufen hilfreich sein. Dann kostet er mich gar nichts. Wieso das? Bei dem Kauf einer Aktie musst Du üblicherweise heute die Liquidität auf dem Konto bereitstellen. Die Wertstellung der Belastung erfolgt aber zwei Bankarbeitstage später. Durch den Wertpapierkredit musst Du nichts bereitstellen und hast dann genügend Zeit, eine Überweisung von Deinem Guthaben hin zu dem Depotkonto zu tätigen. Das gibt Dir eine Flexibilität, da Du sonst immer erst Guthaben überweisen müsstest, bevor Du überhaupt eine Wertpapierorder aufgeben kannst. Und manchmal wird die Order ja auch nicht ausgeführt, wenn Du z.B. das Limit zu eng gesetzt hattest. Die Zinsrechnung für den Wertpapierkredit ist selbstverständlich nach der Wertstellung – deshalb kostet er für diese Konstellation nichts.
Ein anderer Vorteil kann die Vorfinanzierung von sicheren Einnahmen in der nächsten Zeit sein. Wenn Du weißt, wann Du z.B. eine Sonderzahlung aus Deinem Job erhältst oder eine Rückerstattung Deiner privaten Krankenversicherung. Wenn Du dann eine Kaufgelegenheit siehst, kannst Du diese Einnahmen schon mal gedanklich verplanen und den Wertpapierkredit in Anspruch nehmen. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass es meistens beim tatsächlichen Zahlungseingang mindestens genau so gute Chancen gibt. Und sich die Inanspruchnahme eines Wertpapierkredits deshalb nicht lohnt.
Der letzte Vorteil ist, dass der Wertpapierkredit für Beruhigung sorgen kann: Die Kreditlinien kosten Dich nichts, Du musst keine Bereitstellungsgebühren dafür zahlen. Aber Du weißt, dass Du jederzeit auf einen Kreditrahmen zurückgreifen kannst. Du musst deshalb für wirklich Unvorhergesehenes nicht zwingend ein separates Sparkonto anlegen. Das gibt Dir womöglich eine zusätzliche Sicherheit.